Trägerwechsel beim Schülerclub: Eltern und Beschäftigte besorgt

Die Nachmittagsbetreuung der Grundschule soll einen neuen Träger bekommen: seit seiner Gründung 1997 wird der Schülerclub vom gemeinnützigen Förderverein betrieben – nun soll die gemeinnützige „Känguru Jugend GmbH“ mit der Betreuung der Kinder beauftragt werden. Schule und Schulamt begründen dies mit dem Wechsel in den Pakt für den Ganztag (früher: Pakt für den Nachmittag) und den damit steigenden Anforderungen an die Betreuung: ab 1. August 2024 soll der Pakt mit seinen unterschiedlichen Modulen allen Schüler*innen zur Verfügung stehen, es soll keine unversorgten Kinder mehr geben – sofern ausreichend Räumlichkeiten und Personal zur Verfügung stehen. Der Förderverein betont allerdings, dass auch er die Bedingungen des Pakts erfüllen kann: „Wir können Ganztag!“ schrieb er jüngst. Durch den Trägerwechsel befürchten viele der Beschäftigten des Schülerclubs eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und denken offen über den Wechsel in andere Einrichtungen nach. Das wiederum besorgt die Eltern, denn dadurch würde die Betreuungskapazität sinken und Kinder würden ihren Betreuungsplatz verlieren. Noch ist der Vertrag mit Känguru nicht unterzeichnet.

Das Sozialdezernat begründet den geplanten Wechsel in einem Schreiben zuvorderst damit, dass die Umsetzung „enge Kooperationsstrukturen sowie Verlässlichkeit, dauerhafte Zusammenarbeit und regelmäßige intensive Abstimmungen“ zwischen Schule und Betreuungsträger erfordere. Warum dies mit dem Förderverein nicht möglich ist, wird nicht erläutert. Es wird allerdings vermutet, dass ein seit langem schwelender Konflikt zwischen Schulleitung und Verwaltungsleitung des Schülerclubs ausschlaggebender Faktor ist. Auch wird vermutet, dass es politisch gewollt ist, die Förder- und Betreuungsvereine aus der Verantwortung, die sie jahrelang für die Kinder und Eltern in den „Diensten der Stadt“ erfüllt haben, „heraus zu drängen“.

Der Trägerwechsel soll bereits zum 1. August 2023 erfolgen, um den notwendigen zeitlichen Vorlauf zur Erarbeitung eines gemeinsamen Konzeptes mit dem zukünftigen Träger des Pakts für den Ganztag sicher zu stellen. Daher hat die Stadt dem Schülerclub gekündigt. Dieser hat darum „rein vorsorglich“ Betreuungsverträge gekündigt, deren Kündigungsfrist der 30. April ist, die anderen Verträge haben eine Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Schuljahresende und wurden daher noch nicht gekündigt. Trotzdem will er sich weiter für die Fortführung der Betreuung durch den Schülerclub einsetzen. Warum nur einem Teil der Kinder gekündigt wurde ist für die Eltern unklar, evtl. liegt der Unterschied in der unterschiedlichen Dauer der Betreuungsverträge.

Die Beschäftigten des Schülerclubs sehen den Wechsel besorgt bis ablehnend: so wurde kurz vor den Osterferien ein Betriebsrat gegründet, um die Beschäftigten zu schützen und ihnen ein Sprachrohr zu geben. Zwar habe Känguru laut des Schreibens des Sozialdezernats versichert, dass alle Beschäftigten „zu identischen Rahmenbedingungen“ weiterbeschäftigt werden können. Die Arbeitsverträge von Känguru sprechen allerdings eine andere Sprache: Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld sind dort nicht vorgesehen, vom Förderverein werden diese hingegen gezahlt. Auch weitere wertschätzende Aufmerksamkeiten wie eine Weihnachtsfeier, Geburtstagsblumensträuße und weiteres seien bei Känguru nicht üblich. Vor diesem Hintergrund denken die vielgefragten Erzieherinnen über den Wechsel zu anderen Einrichtungen nach – Angebote seitens anderer Einrichtungen wurden bereits angekündigt. Ein Weggang des Personals würde zu einem Betreuungsengpass führen, statt zur von Stadt und Schule versprochenen Verbesserung.

Dies wieder um besorgt die Elternschaft: am Montag hatte der Schulelternbeirat eine große Runde mit Vertreterinnen und Vertretern aus den Bereichen der Schule, der Stadt, des potentiell neuen Trägers Känguru, dem Förderverein, dem Team des Schülerclubs, der Elternbeiräte des Schülerclubs und dem Schulelternbeirat eingeladen. Sein Ziel war es, für Transparenz zu sorgen, alle an einen Tisch zu bekommen, Gerüchte aus der Welt zu schaffen und zu erfahren, wie es weitergeht.

Die Runde wurde darüber informiert, dass Stadt und Schule den Vertrag mit dem aktuellen Träger, dem Förderverein, zum 31. Juli 2023 gekündigt haben. Der Förderverein gehe allerdings juristisch dagegen vor, da er langfristige Verträge verletzt sieht. Bis zum Abschluss des Gerichtsverfahrens kann die Stadt den Vertrag mit Känguru nicht unterschreiben, auch die Eltern bleiben bis dahin in Ungewissheit, wer den Schülerclub weiterbetreibt. In einem heute versandten Schreiben versichert der Schülerclub allerdings, dass „kein Kind, das momentan einen Betreuungsplatz hat, diesen verlieren wird“. Im Laufe der Woche sollen weitere Gespräche zwischen den Akteuren vereinbart, die Schulleitung will zeitnah einen Elternbrief verfassen, um die Eltern auf den aktuellen Stadt zu bringen.

Derzeit betreibt die Känguru Mobile GmbH auch die Nachmittagsbetreuung in der Wiesbadener Diesterwegschule, darüber hinaus betreibt das Unternehmen die Frühförder- und Beratungsstelle Wiesbaden und den Mobilen Inklusionsdienst für Kitas. Es ist ein Tochterunternehmen der IFB Stiftung, deren weitere Tochterunternehmen auch Kindertagesstätten betreibt und Inklusionsdienste anbietet.

Der Nordenstadter Schülerclub war 1997 mit zwölf Kindern gestartet, nach einem Anbau im Jahr 2010 werden derzeit 178 Kinder betreut.