Radfahren gegen die Einbahnstraße erneut abgelehnt
In Nordenstadt wird es auch weiterhin nicht zulässig sein, mit Fahrrädern gegen die Einbahnstraßen zu fahren. Dies hat die Mehrheit aus SPD, CDU und ZfN im Ortsbeirat erneut verhindert, obwohl dies in vielen Städten bereits gute Praxis ist und sogar positive Auswirkung auf die Verkehrssicherheit hat. Bereits im letzten Jahr hatten „Norschter in Bewegung“ einen Antrag gestellt, dass Radfahren in der oberen Stolberger Straße und in der oberen Hunsrückstraße zugelassen werden. Nach der Ablehnung im Ortsbeirat hatten sie die Gegenargumente vom Verkehrsdezernat überprüfen lassen. Da sie allesamt widerlegt wurden, stellten die „Norschter“ nun erneut den Antrag, inklusive Stellungnahme des Verkehrsdezernats. Die Gegner*innen konnte das aber nicht überzeugen.
Die Gegenargumente bei der Sitzung im vergangenen Jahr waren vielfältig: die Straße sei zu schmal, das alternierende Parken in der Hunsrückstraße lasse Radfahren gegen die Einbahnstraße gesetzlich nicht zu, und generell sei es zu gefährlich, insbesondere für Kinder. Wir geben den Antrag der „Norschter“ inklusive der Stellungnahme des Verkehrsdezernates ungekürzt wieder:
Der Magistrat wird gebeten, entsprechend den folgenden Einschätzungen des Verkehrsdezernates vom 30. März 2022, und den darin genannten Vorgaben der VwV-StVO, in den Einbahnstraßen obere Hunsrückstraße und obere Stolberger Straße die Durchfahrt gegen die Fahrtrichtung für Radfahrer*innen freizugeben:
„Wie dem Ortsbeirat Nordenstadt bereits mitgeteilt wurde, verfügen beide Straßen nach VwV-StVO (Verwaltungsvorschrift der Straßenverkehrsordnung) über die nötigen Breiten und Ausweichmöglichkeiten sind durch Einfahrten oder ähnliches, die i.d.R. freigehalten werden müssen, gegeben. Gerade durch das alternierende Parken werden weitere Ausweichmöglichkeiten geboten. Im Stadtgebiet sind Einbahnstraßen mit alternierendem Parken für den Radverkehr in Gegenrichtung freigegeben und es wurden keine negativen Erfahrungen gemacht. Dies ist auch in anderen Großstädten der Fall. Alternierendes Parken bildet auch für Straßenzüge im generellen Zweirichtungsverkehr, also mit motorisiertem Individualverkehr, keinen Problempunkt. Die Argumentation, dass durch vereinzelte Radfahrer hier ein Sicherheitsrisiko entsteht, ist aus verkehrsplanerischer Sicht nicht nachvollziehbar. Bundesweite Studien haben auch gezeigt, dass die Öffnung einer Einbahnstraße das illegale Befahren von Gehwegen durch Radfahrende minimiert oder verhindert. Die angesprochenen Alternativrouten weisen Umwege von 300 Metern oder mehr auf, die im Grunde genommen unnötig sind und gerade für betagtere Radfahrer oder auch Kinder ggfs. ein Hindernis darstellen können. Die Stolberger Straße wurde lediglich aufgeführt, da Nordenstadt bislang über keine geöffnete Einbahnstraße verfügt und diese bei-den Straßen in Nordenstadt die einzig möglichen zu öffnenden Einbahnstraßen darstellen. Die VwV-StVO besagt außerdem: „Beträgt in Einbahnstraßen die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht mehr als 30 km/h, soll Radverkehr in Gegenrichtung zugelassen werden…“. Die Kriterien zur Öffnung einer Einbahnstraße für den Radverkehr wurden mit neuster StVO-Novelle entschärft. Allein das zeigt schon, dass Sicherheitsbedenken hier unbegründet sind. Im Gegenteil wird nach bundesweiten Studien und eigener Einschätzung die Verkehrssicherheit durch eine geöffnete Einbahnstraße sogar erhöht. Der BASt-Bericht V 83 „Verkehrssicherheit in Einbahnstraßen mit gegengerichtetem Radverkehr“ besagt hierzu: „Eine Öffnung der Einbahnstraßen lässt weder in Bezug auf die Zahl der Unfälle noch die Unfallschwere negative Auswirkungen erkennen. Tendenziell lassen die Ergebnisse unter Heranziehung anderer Untersuchungen sogar einen Sicherheitsgewinn erwarten.“ Auch zur angesprochenen Kurve in der Stolberger Straße gibt es ähnliche Straßen in Wiesbaden die für den Radverkehr in Gegenrichtung bereits geöffnet sind. Die Hunsrückstraße sowie die Stolberger Straße sind Straßen mit einem geringen Verkehrsaufkommen, die in Gegenrichtung von der Hauptstraße wegführen.“
Die Mehrheit im Ortsbeirat ließ sich von dieser Expertenmeinung aber in ihrem Urteil nicht beirren: sie blieben bei ihrer Einschätzung, dass die Straße zu eng sei und das Vorhaben zu gefährlich. Man wolle „keine Verantwortung tragen, wenn dann etwas passiert“.