Grabenkämpfe im Ortsbeirat – ein Kommentar
Das Positive zuerst: in der Ortsbeiratssitzung am 15. Juni 2021 wurden zahlreiche gute Anträge zum städtischen Doppelhaushalt 2022/2023 beschlossen: Neugestaltung des jetzigen Areals Gemeindezentrum, Planungskosten für den zusätzlichen Autobahnanschluss, Verkehrsversuch zur Beruhigung und Sicherung Oppelner Straße/Sportplatz, Sportflächenerweiterung aufgrund einer Bedarfsanalyse, Mittel für ein ganzheitliches Verkehrskonzept für den Ortsbezirk, Weiterentwicklung des Gebietes hinter der Taunushalle als Freizeit-/und Naherholungsfläche zum Westring und weiter bis zum landwirtschaftlichen Weg Oppelner Straße und nicht zuletzt der Ausbau der stadteigenen Flächen als Grün-/Erholungsfläche Oppelner Straße gemäß Bebauungsplan von 2002 und eine Beleuchtung für den Bouleplatz.
Diese Anträge hatten wir auch als Norschter in Bewegung in dieser oder ähnlicher Form eingebracht, also könnten wir doch zufrieden sein? Leider nein, denn der Umgang miteinander während der Sitzung war zutiefst empörend: insbesondere CDU und SPD haben von Anfang an keinen Zweifel daran gelassen, dass sie der Fraktion Norschter in Bewegung keinen Neulingsbonus geben werden (es waren unsere ersten Haushaltsverhandlungen), sondern im Gegenteil aus allen Rohren gegen unsere Anträge feuern.
Schon beim ersten Antrag wurden die Grabenkämpfe eröffnet: er galt der Finanzierung der Neuplanung und Umsetzung der Taunushalle. In dieser Form wäre das sofort konsensfähig gewesen. Aber CDU und SPD haben darauf bestanden, dass auch in diesem Beschluss erneut festgeschrieben werden soll, dass die Taunushalle am jetzigen Standort gebaut werden soll. Dabei gibt es einen solchen Beschluss des Ortsbeirats schon seit Juli 2020. Der Konsensvorschlag von Norschter in Bewegung, dass man die Finanzierung fordert, ohne erneut den konkreten Standort zu nennen, wurde aber von den anderen Fraktionen abgelehnt.
Dieser Geist zog sich durch die ganze Sitzung, mal waren die Forderungen der Norschtern angeblich zu konkret, obwohl auch andere Anträge sehr konkret waren. Dann waren die Anträge der Norschter angeblich von zu geringem Finanzvolumen, obwohl uns die Verwaltung vorab gesagt hatte, dass wir alles beantragen sollen, was nicht aus den Verfügungsmitteln des Ortsbeirats finanziert werden soll. Bei letzteren waren etliche Vorschläge und Forderungen von Bürgerinnen und Bürgern dabei, für die wir nun – jeweils einzelne – Anträge schreiben müssen. Dabei stehen schon jetzt wohl um die 20 Anträge auf der Liste für die nächste Sitzung.
Das Ganze wurde gegen Ende der Sitzung garniert mit dem Hinweis, dass wir noch viel von ihnen zu lernen hätten. Wäre dies ein Angebot, und keine Diskreditierung, hätten sie vorab mit uns sprechen können. Sie hätten unser Angebot zu einem Kennenlerntreffen annehmen können, um das wir alle Gruppen im Ortsbeirat direkt nach der Wahl gebeten hatten. Und sie hätten konsistent in ihrer Argumentation sein können: Argumente wurden immer so gedreht, dass sie gegen unsere Anträge gewendet werden.
Der Gipfel an Absurdität wurde bei unserem Antrag zur Verkehrsberuhigung der Straße An der Schule erreicht: alle Fraktionen hatten in der Vergangenheit bekundet, dass sie die Straße An der Schule verkehrsberuhigen wollen. Unserem dementsprechenden Antrag wollten sie aber nicht zustimmen. Begründung: das sei doch alles mit gemeint, wenn man von der Neuentwicklung des Areals am Gemeindezentrum spricht. Aber, erstens: warum schreibt man es dann nicht rein, wenn es doch ohnehin mit gemeint ist? Und: selbst wenn es in irgendwelchen alten Planungsverfahren Teil des Areals war: beim Verkauf des Areals Gemeindezentrum wird es definitiv (hoffentlich!) nicht um den Verkauf der Straße An der Schule gehen. Darum sollte der Ortsbeirat schon jetzt klar machen, dass die Schaffung öffentlicher Parkplätze auf dem Areal Teil der Konzeptvergabe sein sollen! Es zeigt: es geht einzig und allein darum, uns keine Erfolge zu gönnen. Machtpolitik wie wir sie leider auch aus anderen Parlamenten kennen – auch um das aufzubrechen, sind wir angetreten.
Besonders eklatant wurde die Missachtung der demokratischen Regularien gegen Ende der Sitzung, die bis 22:30 Uhr dauerte: die CDU hatte ihre Haushaltsanträge schon Anfang April eingereicht, die SPD Anfang Mai, so dass ihre Anträge zuerst auf der Tagesordnung standen. Diese wurden auch ausführlich und mit viel Zeitaufwand diskutiert. Als es dann später zu den Anträgen von Norschter in Bewegung kam, wurde insbesondere von den SPD-Mitgliedern wiederholt auf die Zeitknappheit verwiesen. Der Ortsvorsteher Dr. Gerhard Uebersohn hat sogar teilweise ohne Rücksprache mit der antragsstellenden Norschter-Fraktion entschieden, ob ein Antrag zur Abstimmung gestellt wird, oder nicht. Das widerspricht ganz klar allen demokratischen Regeln! Es scheint, als wollten sie einerseits zeigen, dass sie es doch viel besser können als wir Neulinge, und uns andererseits jegliche Lust an der Arbeit im Ortsbeirat nehmen, und uns keine politischen Erfolge zu gönnen. In Wallau ist eine Wählergruppe, die bei der vorletzten Kommunalwahl sehr viele Stimmen bekommen hatte, in diesem Jahr nicht erneut angetreten, weil sie gegen die geschlossene Front der langjährigen Ortsbeiratsparteien nichts durchsetzen konnte. Das ist reine Machtpolitik, mit demokratischer Kultur hat das nichts zu tun.
Zum Ende noch etwas Versöhnliches: es gab doch einige Punkte, an denen Gerhard Uebersohn, aber auch Christian Bachmann (ZfN), sich für eine Konsensfindung im Sinne der Norschter-Anträge eingesetzt haben, die dann auch so beschlossen wurden (Blitzer, E-Ladesäulenausbau, Ausbau Grün/Erholungsfläche Oppelner Straße gemäß Bebauungsplan von 2002, Beleuchtung Bouleplatz). Vielen Dank dafür! Ich würde mich sehr freuen, wenn die Zusammenarbeit im Ortsbeirat zukünftig mehr gemeinsam als gegeneinander funktionieren würde.